2.5 Streit um die Pachtfrage
Zwischen den Lizenzträgern des Südost-Kuriers
und Fritz Wiedemann, in dessen von den Amerikanern beschlagnahmter Druckerei
die Zeitung hergestellt wurde, kam es schnell zu Konflikten. Fritz Wiedemann,
der aus seinem Entnazifizierungsprozess
als Entlasteter hervorging, empfand die Beschlagnahmung seiner Druckerei als
ungerecht. Vor allem in Hinblick auf die zukünftige Aufhebung der Lizenzpflicht
und die sich daraus ergebende Möglichkeit, selbst eine Zeitung zu produzieren,
war er an der Rückgabe stark interessiert.
Verlagsgebäude in Bad Reichenhall, 10.05.1946
Vollbild (305 kb)
Josef Felder hingegen
rechnete ihm öffentlich vor, dass er durch den monatlich gezahlten Pachtbetrag
„arbeitsfreies Einkommen von erheblichem Ausmaße“ (Frei, S. 102: Artikel Josef Felder im Südost-Kurier
vom 31.12.1947) erhielte und daher wirtschaftlich gesehen keinen Grund zur
Beschwerde hätte. Die Versuche der Lizenzträger Haug und Felder zur Einigung
mit Wiedemann scheiterten zunächst an der Forderung Wiedemanns nach „Abzweigung
eines lebensfähigen Akzidenzbetriebes“ (Frei, S. 112), mit dem er sich
selbständig machen wollte.
Hierzu bot er den Verkauf eines Teils seines
Familienanwesens an den Südost-Kurier an, um diesem die Errichtung eigener
Verlagsgebäude zu ermöglichen. Felder und Haug konnten dieses Angebot jedoch
nicht annehmen, da klar war, dass sie insbesondere nach der Währungsreform
vom Juni 1948 nicht in der Lage waren, das nötige Kapital aufzubringen.
Auch weitere Einigungsvorschläge wie die Beteiligung Wiedemanns an einer
„Südost-Kurier Verlags- und Druckereianstalt GmbH“ waren aufgrund der zu
unterschiedlichen Vorstellungen der Verhandlungsparteien nicht realisierbar.
Mit Ausnahme des Südost-Kuriers waren in Bayern
bereits alle Lizenzzeitungen
mit freiwillig abgeschlossenen Verträgen oder Zwangspachtverträgen versorgt,
als die amerikanische
Militärregierung kurz vor Ende des Jahres 1948 die Anweisung erteilte, dass
definitiv alle Verhandlungen bis zum 31.1.1949 abzuschließen seien. Dies
misslang trotz des großen Bemühens Heinrich Haugs, noch vor diesem Stichtag zu
einer gütlichen Einigung zu kommen.
Daher unterzeichnete er schließlich zusammen mit
dem vom „Bayerischen Landesamt für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung“
(BLVW) bestellten Treuhänder Adolf Brunhold einen Zwangspachtvertrag „über die
Verpachtung eines unter Vermögenskontrolle stehenden Druckereibetriebes an
einen lizenzierten Zeitungsverlag“. Die Pachtzinsberechnung der Vertrages, der
rückwirkend ab dem Tag der Erstausgabe des Südost-Kuriers (10.5.1946) für gültig
erklärt wurde, erfolgte auf der Grundlage eines unabhängigen
Sachverständigen-Gutachtens. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von fünf Jahren ab der
Genehmigung durch die „Information Services Division“ (ISD) am 31.1.1949. Somit
war nach fast zweijährigen Verhandlungen die Zukunft des Südost-Kuriers für die
folgenden fünf Jahre gesichert.
Verfasser: Constantin Pröll und Anja Ruisinger
Literatur:
Norbert Frei. Amerikanische Lizenzpolitik und deutsche Pressetradition. München, 1986
|