Noch am Tag der Übergabe der Lizenzurkunde an Josef Felder am 10. Mai
1946 erschien die Erstausgabe
des Südost-Kuriers mit einer Startauflage von rund 55000 Exemplaren. In
seinem ersten Leitartikel machte Josef Felder die Ziele
seiner Zeitung deutlich, indem er die Notwendigkeit einer „geistige[n]
General-Desinfektion“ (Frei, S. 57) der südöstlichen Gebiete Bayerns
und den bevorstehenden Kampf des Südost-Kuriers für die Demokratie hervorhob.
Daneben betonte er vor allem die parteipolitische Unabhängigkeit des Südost-Kuriers
trotz seiner sozialdemokratischen Überzeugung.
1. Ausgabe des Südost-Kurier, Mai 1948
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Obwohl er seiner sozialdemokratischen Haltung in
seinen Leitartikeln und Kommentaren Ausdruck verlieh, bemühte sich Josef Felder während
seiner Arbeit beim Südost-Kurier um ausgewogene und objektive Information zur
Entwicklung der Parteien und wollte „allen wichtigen Tagungen der politischen
Parteien im Sinne der politischen und vor allem demokratischen Orientierung
der Leser möglichst breiten Raum gewähren“ (Frei, S. 62: Leitartikel Josef
Felders im Südost-Kurier vom 23.10.1946).
Josef Felder, 1946
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Zudem bot der Südost-Kurier auch eine
ausführliches und politisch relativ neutrales Informationsangebot. Hierzu
wurden Korrespondenten
in Bonn und München beschäftigt. Vor allem den Berichten über das politische
Geschehen im bayerischen
Landtag wurde reichlich Platz eingeräumt.
Daneben verschaffte der Südost-Kurier, der
zunächst zweimal pro Woche in einem Umfang von sechs bzw. acht Seiten erschien,
seinen Lesern durch Abonnements sowohl der Informationen der Deutschen
Allgemeinen Nachrichten-Agentur (DANA) als auch ab Anfang 1947 der United Press
International (UPI) einen Überblick über die wichtigsten Nachrichten aus
aller Welt. Insgesamt enthielt die Zeitung neben gelegentlichen Sonderseiten zu
Themen wie Jugend oder Frauen und sachthematischen Sonderbeilagen einen
Sportteil, ein Feuilleton, einen Anzeigenteil, Informationen zu Innen- und
Außenpolitik und einen Lokalteil.
Der Lokalteil wurde ab Juli 1946 durch
Wechselseiten in fünf verschiedene Regionalteile aufgefächert, die jeweils nur
die für das jeweilige Gebiet relevanten Informationen enthielten. So wurde
beispielsweise auf der Bad Reichenhaller Lokalseite über örtliche Spruchkammerverfahren
und ab August 1946 regelmäßig über die Stadtratssitzungen berichtet. Obwohl die
Zeitung bei der Information über das Geschehen in den 160 Gemeinden des
Verbreitungsgebietes auf freie, nichtprofessionelle Mitarbeiter wie Pfarrer,
Lehrer und Rathausbedienstete angewiesen war, konnte eine ausreichende lokale
Berichterstattung, die der Transparenz der Kommunalpolitik diente,
gewährleistet werden.
Josef Felder erreichte
durch seine Bemühungen trotz anfänglichen Schwierigkeiten wie Papierknappheit,
Fotomangel und dem Fehlen einer klaren Platzaufteilung im Vergleich zu
benachbarten Zeitungen eine sehr hohe Qualität in der politischen
Berichterstattung. Er wollte mit dem Südost-Kurier
durch „systematisch[e] politische Erziehungsarbeit“ (Frei, S. 71) das
Demokratiebewusstsein stärken und beispielsweise durch ausführliche
Berichterstattung über die Nürnberger
Prozesse zur Aufarbeitung des Geschehens im Dritten Reich beitragen.
Er maß nicht nur seiner Zeitung, sondern der gesamten Lizenzpresse große
Bedeutung zu, indem er sie als „eine[n] der wertvollsten Aktivposten der
ersehnten neuen deutschen Demokratie“ bezeichnete (Frei, S. 70f).
Josef Felder bei der Arbeit, 1946
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Erstes Auto des Südost-Kuriers, 1950
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Verfasser: Constantin Pröll und Anja Ruisinger
Literatur:
Norbert Frei. Amerikanische Lizenzpolitik und deutsche Pressetradition. München, 1986
Josef Felder. Warum ich Nein sagte. Reinbek bei Hamburg, 2002
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