Die Lage in München
Wie
überall im Reich herrschte auch in der bayerischen Landeshauptstadt München im
Herbst 1918 Lebensmittelknappheit und Kriegsverdruss. Dazu kam noch die Wut auf
die Berliner Zentralgewalt. Schon im Januar 1918 war es in mehreren Münchner
Rüstungsbetrieben zu Streiks unter Führung Kurt
Eisners gekommen, der seit 1917 Führer der Münchner Unabhängigen
Sozialdemokratie (USPD) war. Kurt Eisner, jüdischer
Literat und Journalist aus Berlin, ehedem Mitarbeiter des Vorwärts
, schließlich der Münchner Post und von 1910-1916 Herausgeber des
„Arbeiter-Feuilletons“ hatte als Mitglied der SPD 1914/15 noch die
Kriegskredite befürwortet, sich aber ab 1915 zum entschiedenen Pazifisten
gewandelt. Für die Organisation des Streiks war Kurt Eisner
für 9 Monate inhaftiert worden.
Plakat USPD
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Portrait Kurt Eisner
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Die Rolle der OHL und der Regierung Max von Badens
Als die
deutsche Niederlage absehbar war, übte die OHL ab
3. Oktober Druck auf die neue Reichsregierung von Prinz Max von
Baden aus. Diese sollte möglichst rasch demokratische Reformen
durchpeitschen. Hiervon erhofften sich Erich
Ludendorff und Paul von Hindenburg zum einen günstigere
Friedensbedingungen, zum anderen eine Abwälzung der Schuld für die Niederlage
auf die demokratisch gesinnten Parteien im Reich.
OHL (Paul von Hindenburg (li.), Wilhelm II. (mi.), Erich Ludendorff (re.))
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Portrait Max von Baden
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Friedenskundgebungen in München
In
München hatten nicht nur Kurt
Eisners SPD,
sondern auch die Mehrheitssozialdemokratie
(MSPD) mit Erhard
Auer an der Spitze ihre Anhänger zu Friedenskundgebungen mobilisiert.
Fast 100.00
Menschen strömten auf die Theresienwiese. Nicht nur die MSPD-nahen
Gewerkschafter der Münchner Großbetriebe, sondern auch radikalere sächsische
Arbeiter, die im Krieg in den Krupp-Werken eingesetzt waren, nahmen an den
Demonstrationen teil. Hinzu kam eine große Zahl von meuternden und desertierten
Soldaten.
Portrait Erhard Auer
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Unter
Führung des Bauernbundführers Ludwig
Gandorfer beteiligten sich auch Bauern aus dem Umland. Ludwig Gandorfer war
ein Sozialist aus dem Freundeskreis von Kurt Eisner. Bis zu 25 Redner
sprachen gleichzeitig an verschiedenen Stellen des Platzes. Gemäßigte
Sozialdemokraten wie Erhard Auer
versuchten, die aufgebrachte Menge zu beruhigen und mit Versprechungen baldiger
Reformen abzuspeisen. Kurt
Eisner und die Mehrheit der Redner forderten den Rücktritt des bayerischen
Königs und Kaiser
Wilhelms II., die Vereidigung des Heeres auf die Verfassung,
eine Demokratisierung des
Staates und die Entfernung von Reaktionären aus der Verwaltung. Die Forderung
nach Annahme der alliierten
Waffenstillstandsbedingungen zur Erlangung eines sofortigen Friedens wurde
selbst von Teilen des Bürgertums mitgetragen. Ein Teil der Demonstranten unter
Führung Erhard Auers zog
nach der Kundgebung zum "Friedensengel". Auf
Weisung von MSPD -Funktionären
begaben sie sich sodann friedlich nach Hause.
Portrait Kaiser Wilhelm II.
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Eisner nutzt die Gunst der Stunde
Felix Fechenbach
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Von der
Theresienwiese aus setzen sich nach Aufruf des USPD-Aktivisten Felix Fechenbach
Zehntausende von Menschen in Bewegung, an der Spitze der Berliner Literat Kurt Eisner und Arm in
Arm mit ihm Ludwig Gandorfer. Ziel der Demonstranten war die nahegelegene Guldeinschule, in
welcher sich ein Waffendepot befand. Nachdem der diensthabende Major sich
weigerte, das Gebäude zu übergeben, stürmten die Revolutionäre das Gebäude. Die
Einheiten des Landsturms
schlossen sich augenblicklich den Aufständischen an, Waffen wurden verteilt.
Bei den
anderen Münchner Kasernen ergab sich ein ähnliches Bild. Die Wachen warfen ihre
Waffen weg und die Mannschaften schlossen sich mit roten Wimpeln an ihren
Gewehren den Revolutionären an. Bis 22 Uhr waren alle Münchner Kasernen, die
Ministerien und der Landtag, Bahnhof, Post und Telegraphenamt in der Hand
revolutionärer Arbeiter und Soldaten. Der bayerische König Ludwig III.
verließ daraufhin die Landeshauptstadt und floh nach Österreich.
König Ludwig III.
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Etablierung eines Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates
Die
Revolutionäre wählten am Abend im größten Münchner Bierkeller, dem Mathäserbräu
in der Nähe des Hauptbahnhofs Kurt
Eisner zum ersten Vorsitzenden des sich soeben konstituierten Arbeiter-,
Soldaten- und Bauernrates. Begleitet von bewaffneten Gardisten marschierten die
Ratsmitglieder zum Landtagsgebäude, von wo aus Kurt Eisner die bayerische Republik
ausrief und das Amt des provisorischen Ministerpräsidenten übernahm.
Ausgehend von der Revolution
in München bildeten sich auch in anderen bayerischen Städten wie Passau,
Augburg, Rosenheim, Bayreuth und Nürnberg Arbeiter-
, Bauern- , und Soldatenräte. Am Morgen des 8. Novembers wehten rote Fahnen
auf den Türmen der Münchner Frauenkirche und die Presse verkündete die Proklamation der
Republik durch Ministerpräsident Kurt Eisner: "Bayern ist
fortan ein Freistaat!"
Proklamation der bayrischen Republik durch Kurt Eisner
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Verfasser: Christian Heidinger, Christoph Jung
Audioquelle: Philipp Scheidemann: Der 9. November 1918
Zeitzeugenberichte:
- Oskar Münsterberg: Novemberrevolution 1918
- Oskar Münsterberg: Spartakusaufstand 1919
- Else Freifrau von Salmuth: Revolutionskämpfe in Berlin Lichtenberg März 1919
- Henning Wenzel: Revolution und Wahl 1918/19
Literatur:
http://www.holocaustchronicle.org
http://www.dhm.de
http://www.fes.de
http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/medien/
Manfred Treml: Oldenbourg Geschichte für Gymnasien 12; München 1994
Josef Felder: Warum ich Nein sagte; Reinbek 2002
Josef Felder: Abgeordnete des Deutschen Bundestages -
Aufzeichnungen und Erinnerungen - Band 1; Boppard 1982 Seite 9 - 79
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