1.1 Entwicklung rechtsextremer Parteien

Obwohl der zunächst befürchtete „Nachkriegsextremismusnach 1945 dank der Kontrolle der Besatzungsmächte größtenteils ausblieb, konnten rechtsextreme Parteien schon in der Gründungszeit der Bundesrepublik Deutschland Erfolge verzeichnen. So konnte die Deutsche Rechtspartei (DRP) gemeinsam mit der Deutschen Konservativen Partei (DKP) als DRP-DKP in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre Gewinne verbuchen. Wie zum Beispiel bei der ersten Bundestagswahl, bei der sie durch besondere Bestimmungen mit 5 Abgeordneten in das Parlament einziehen konnten.

Durch diesen Erfolg entstanden aber innerparteiliche Konflikte hinsichtlich der Ausrichtung und Strategie der Partei. Diese Differenzen endeten in der Aufspaltung der DRP und DKP in mehrere Gruppen. Ein Teil der ehemaligen Mitglieder gründete im Oktober 1949 die Sozialistische Reichspartei (SRP), die schon nach kurzer Zeit 10000 Mitglieder gewinnen konnte und große Wahlerfolge erreichte, wie zum Beispiel 1951, als die SRP 11 Prozent der Stimmen bei den Landtagswahlen in Niedersachsen erhielt. Da die SRP als Nachfolgepartei der NSDAP eingestuft worden war, wurde die Partei 1952 verboten.

So konnte sich die Deutsche Reichspartei (DRP), welche sich aus dem Großteil der Mitglieder der ehemaligen DRP-DKP und anderen Splitterparteien formiert hatte, zur größten rechtsextremistischen Partei Deutschlands aufschwingen. Schließlich konnte sie 1959 aufgrund regionaler wirtschaftlicher Probleme im Weinbau mit 5,1 Prozent der Stimmen einen Sitz im rheinland-pfälzischen Landtag erreichen. Abgesehen von dieser Ausnahme konnten rechtsextremistische Parteien nach dem Verbot der SRP 1952 aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in den fünfziger Jahren keine Wahlerfolge mehr verzeichnen. So erhielt die DRP bei den Bundestagswahlen 1953 nur 1,1 Prozent der Stimmen und 1961 sogar nur noch 0,8 Prozent. Somit erlangte die DRP langfristig gesehen keine politische Bedeutung.

In der Zeit der wirtschaftlichen Rezession 1966/67 stießen die rechtsextremen Parteien jedoch erneut auf relativ große Zustimmung. Neben der Angst vor Arbeitsplatzverlust und Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nutzten rechtsextreme Parteien die Unzufriedenheit der Menschen mit der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD.

So stiegen die Mitgliederzahlen der 1964 gegründeten nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) von 25000 Anhängern 1966 um 12 Prozent auf 28000 1967 stark an. Ebenso konnte die NPD zunehmend bessere Wahlergebnisse erzielen. Sie zog schließlich 1966/67 in die Landtage von Bayern mit 7,4, Hessen mit 7,9, Rheinland-Pfalz mit 6,9, Schleswig-Holstein mit 5,8 und Niedersachsen Niedersachsen mit 7,0 Prozent ein. 1968 erreichte sie in Baden-Württemberg sogar 9,8 Prozent der Stimmen und zog folglich mit zwölf Abgeordneten in den Landtag ein. Hierbei gelang es der NPD, vor allem frühere Wähler der CDU/CSU, die mit der Reformpolitik der großen Koalition unzufrieden waren, für sich zu gewinnen.

Trotz der guten Wahlergebnisse geriet die NPD Mitte der sechziger Jahre in eine existenzielle Krise aufgrund von Streitigkeiten zwischen einer Gruppe ehemaliger DRP-Aktivisten und dem national-konservativen Flügel. Dies führte schließlich 1967 zur Wahl des ehemaligen DRP-Mitgliedes Adolf von Thadden zum Nachfolger des als gemäßigt geltenden Parteivorsitzenden Friedrich Thielen und zu dessen Austritt aus der NPD. Zudem traten weitere Funktionäre des national-konservativen Flügels aus der Partei aus.

Diese innerparteilichen Streitigkeiten irritierten Wähler und Mitglieder der NPD, was sich auch darin zeigte, dass die NPD den zunächst erwarteten Einzug in den Bundestag bei der Bundestagswahl 1969 mit 4,3 Prozent der Stimmen relativ knapp verpasste. Mit dem Ende der großen Koalition nach der Wahl und einer Änderung des politischen Kurses von CDU und CSU verlor die NPD schließlich einen Großteil ihrer Wähler. So konnte sie 1972 nur noch 0,6 Prozent der Wählerstimmen für sich verbuchen.

Das rechtsradikale Lager war in der Folgezeit in mehrere Gruppen gespalten. Eine wichtige Gruppierung, die auch illegale Methoden befürwortete, war die 1977 gründete Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS) um Michael Kühnen. Dank Kühnens Fähigkeiten als Organisator und Stratege erlangte seine relativ kleine Gruppe große Aufmerksamkeit. Seine medienwirksamen Auftritte, die unter anderem „Gerechtigkeit für Hitler“ forderten, und seine Aufrufe zu Rassenhass führten schließlich ab 1979 zur mehrmaligen Verhaftung und Verurteilung Kühnens wegen Aufstachelung zum Rassenhass, Verherrlichung von Gewalt und Volksverhetzung.

Die ANS schloss sich mit weiteren rechtsextremen Organisationen, unter anderem der Wehrsportgruppe Hoffmann zusammen, wurde aber 1983 verboten. Kühnen arbeitete während seiner Inhaftierung an neuen Plänen und übernahm inoffiziell kurz nach seiner Freilassung die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“, welche die gleichen Ziele verfolgte wie die „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“.

Des Weiteren erwähnenswert waren die Vereinigungen, Zeitschriften und Gruppierungen um den Herausgeber der „Deutschen National-ZeitungGerhard Frey. Frey war die treibende Kraft eines Zusammenschlusses der rechten Gruppierungen und der Bündelung ihres Einflusses. Zu diesem Zweck gründete er 1971 die „Deutsche Volksunion“ (DVU), die als überparteilicher Mittler fungieren sollte. Doch als die Republikaner sich 1983 als Partei etablierten empfand dies Frey als Bedrohung der Macht der DVU und gründete deshalb 1987 die „Deutsche Volksunion-Liste D“, die als Partei schließlich auch an Wahlen teilnahm. Von nun an unterstützten sich DVU und NPD und trafen die Vereinbarung, nicht mehr in Konkurrenz zueinander bei Wahlen anzutreten.

Seit Ende der 80-er Jahre gewannen die rechtsextremen ParteieEinzug in das Berliner Abgeordnetenhaus 1989 mit 7,5 Prozent der Stimmen und somit 11 Mandaten.

Es folgten Erfolge bei den Europawahlen 1989 mit alarmierenden 7,1 Prozent der Stimmen und der Einzug der Republikaner in den Landtag Baden-Württembergs 1992 mit 10,9 Prozent. Die hohe Zustimmung für die rechtsradikalen Parteien war Ausdruck der Existenzangst nach der „Wende“, des Wunsches nach Abschottung nach außen und der Angst vor weiterer Zuwanderung. Die Parteien verstanden es immer wieder, an die Emotionen der Wähler und an ihre Ängste zu appellieren.

Wie die anderen Parteien waren auch die rechtsextremen Parteien von der Einheit Deutschlands 1989/90 überrascht worden. Auf die neue Situation nicht vorbereitet, konnten sie auch nicht durch ein neues Programm darauf reagieren. Zunächst blieben große Stimmengewinne bei den ersten Wahlen in den östlichen Bundesländern aus, bis Mitte der neunziger Jahre waren die rechtsextremen Parteien in Westdeutschland erfolgreicher als in Ostdeutschland.

Trotz großer Erwartung der rechtsextremen Parteien infolge eines Wahlerfolges der DVU im April 1998 mit 12,9 Prozent der Stimmen bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt blieb der große Erfolg bei der Bundestagswahl im September 1998 aus. Die rechtsradikalen Parteien hatten mit großer Zustimmung infolge der hohen Arbeitslosigkeit gerechnet. In Ostdeutschland brachten es DVU, NPD und Republikaner aber immerhin auf 5,0 Prozent, während in Westdeutschland mit 2,9 Prozent ein niedrigeres Ergebnis erreicht wurde.

Nachdem die DVU 1999 mit 5,3 Prozent und 2004 mit 6,1 Prozent zwei Mal in Folge in den Landtag von Brandenburg eingezogen war und die NPD 2004 mit 9,2 Prozent zwölf Sitze im sächsischen Landtag erreicht hatte, konnten die rechtsradikalen Parteien bei der Bundestagswahl 2005 nur noch 1,6 Prozent der Stimmen erreichen. Es zeigte sich, dass die Linksparteien, insbesondere die Bündelung der linkssozialistischen Kräfte von PDS und WASG, und deren Versprechen von den Bürgern im Osten deutlich besser angenommen wurden als die reinen Angstparolen der Rechtparteien. Das Bündnis „Die Linke“ aus WASG und der PDS errang 8,7 Prozent und 54 Mandate.

Fazit: Die rechtsradikalen Parteien stellen in den Zeiten wirtschaftlicher Depression und hoher Arbeitslosigkeit immer wieder eine Herausforderung für den demokratisch verfassten Staat dar. Immer dann, wenn die Volksparteien keine Antwort auf die neu entstandenen Probleme wie Einwanderung, Massenarbeitslosigkeit und wachsende Kriminalität zu finden scheinen oder zu zögerlich reagieren, ist der Zulauf zu den antidemokratischen Parteien besonders groß. Es zeigte sich aber auch im Verlauf der Geschichte der BRD und des wiedervereinigten Deutschlands, dass Gelassenheit angesagt ist und es angeraten erscheint, dass der Rechtsstaat mit den ihm zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln reagiert.

Der Geschichtsunterricht kann neben anderen Sozialisierungsfaktoren dazu beitragen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es keine Alternative zur fortschreitenden Vereinigung Europas gibt und dass der Prozess der Globalisierung unaufhaltbar ist.
Literatur:
http://www.fes-online-akademie.de/index.php?&scr=doc&d_id=1&k_id=4.4.3
Bernhard Heinloth u.a. (Hrsg.), Geschichte für Gymnasien 13, Oldenburg Verlag GmbH München 1994
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Reichspartei
Bundeszentrale für politische Bildung
(Hrsg.), Die Bundesrepublik Deutschland 1974-1983, Informationen zur politischen Bildung; München, 1984
Kurt Hirsch, Rechts von der Union, München 1989
http://library.fes.de/pdf-files/ostdeutschland/02930.pdf
http://www.welt.de/data/2005/09/19/777730.html
http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/index.htm
http://lexikon.idgr.de/s/s_o/sozialistische-reichspartei/sozialistische-reichspartei.php
http://lexikon.idgr.de/n/n_p/npd/npd.php
http://lexikon.idgr.de/d/d_e/deutsche-volksunion/dvu.php
http://lexikon.idgr.de/r/r_e/republikaner/republikaner.php von Alexandra Frisch, Anja Ruisinger