3.1 Die Münchner Räterepublik im Überblick (November 1918 bis 2. Mai 1919)
http://de.wikipedia.org/wiki/Muenchener_Raeterepublik
Die
Münchner oder Bayerische
Räterepublik war nach den sich überschlagenden Ereignissen der Novemberrevolution in Bayern ab dem 7. November
1918, im engeren
Sinn die Bezeichnung für die zweite Revolutionsphase in München -
von der offiziellen Ausrufung
der Räterepublik am 7. April 1919 bis zu ihrer gewaltsamen Niederschlagung am 2. Mai 1919 -. Sie gilt als
der kurzlebige Versuch, nach Ende des Ersten
Weltkriegs einen sozialistischen Staat in Form einer Rätedemokratie
in dem aus dem vormaligen Königreich Bayern entstandenen
„Freistaat“
(der bayerischen Republik) zu schaffen.
Die Münchner
Räterepublik war ein nachwirkender, relativ eigenständiger Teil der das
ganze Deutsche Reich umfassenden Novemberrevolution, die nach dem bayerischen König
auch alle weiteren Monarchen und regierenden Fürsten der deutschen Teilstaaten
einschließlich des deutschen Kaisers Wilhelm II. vom Thron gestürzt hatte.
Die reichsweite Novemberrevolutionführte nach bürger-kriegsähnlichen Kämpfen zwischen Vertretern des Parlamentarismus
und der Rätedemokratie bis Mitte <1919 zur Gründung der Weimarer
Republik mit parlamentarisch-pluralistischen Strukturen im Reich und den
deutschen Ländern, wobei sich Bayern in dieser ersten deutschen Republik
nach der Niederschlagung der Revolution (zuletzt der Räterepublik
in München) sozusagen zur „Brutstätte“ des deutschen Rechtsextremismus,
insbesondere des Nationalsozialismus, entwickelte.
Einleitender Überblick
Am
Ende des Ersten Weltkriegs kam es angesichts der sich
spätestens ab Ende September 1918 abzeichnenden deutschen Kriegsniederlage und der aus der
Unterversorgung resultierenden Not in Deutschland zur Novemberrevolution. Die Revolution breitete sich
innerhalb weniger Tage ausgehend vom Matrosenaufstand
in Kiel im ganzen Deutschen Reich aus und erfasste auch das Königreich Bayern
und dessen Hauptstadt München - noch vor der Reichshauptstadt Berlin.
Als erster deutscher Monarch wurde am 7. November
1918 der bayerische
König Ludwig III. abgesetzt. Damit wurde das
mindestens seit 919 (es gibt unterschiedliche Anfangsdaten) in Bayern etwa 1000
Jahre existierende und seit 1180 herrschende Adelsgeschlecht der Wittelsbacher
gestürzt. Kurt
Eisner von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) rief den Freien
Volksstaat Bayern aus und wurde vom schnell gebildeten Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat zum
ersten Ministerpräsidenten der bayerischen Republik gewählt.
Am
12. Januar 1919 fand nach einem
neuen allgemeinen
Wahlrecht die Wahl zu einem verfassunggebenden Landtag statt, bei der die USPD eine Niederlage
hinnehmen musste.
Nachdem
Kurt
Eisner am 21. Februar 1919 kurz vor seiner
geplanten Rücktrittserklärung von einem rechtsextremen
Attentäter ermordet worden war, wurde die Landtagssitzung nach Tumulten mit
zwei weiteren Todesopfern vertagt. Als provisorische Regierung konstituierte
sich ein „Zentralrat
der bayrischen Republik“ unter Ernst
Niekisch (SPD,
später USPD). In der
Folgezeit spitzten sich die Machtkämpfe zwischen Anhängern des Rätesystems und des pluralistischen Parlamentarismus
zu.
Am
17. März wurde Johannes Hoffmann (SPD) als Vertreter einer pluralistisch-parlamentarischen
Demokratie vom Landtag zum Ministerpräsidenten Bayerns gewählt. Gegen
dessen Regierung kam es ab 7.
April in relativ kurzer Folge zur Bildung unterschiedlich geprägter Räterepubliken:
Die erste war in ihrer Führung dominiert von pazifistischen
und anarchistischen
Intellektuellen, die zweite von Anhängern und Mitgliedern der Kommunistischen Partei
Deutschlands.
Ab
Mitte April griffen vom inzwischen nach Bamberg
ausgewichenen Kabinett Hoffmann zu Hilfe gerufene Freikorpseinheiten,
vereinzelt auch als Weiße Truppen bezeichnet, die Verteidiger der Räterepublik
an und eroberten zusammen mit aus Berlin
entsandten Reichswehrverbänden
München
bis zum 2. Mai
1919 zurück. Im
Laufe der Kämpfe kam es auf beiden Seiten zu Grausamkeiten, bei denen hunderte
Menschen starben, in der Mehrzahl als Opfer der rechtsextremen
Freikorps.
Bestimmte
Entwicklungen im Revolutionsverlauf,
dabei vor allem das Vorgehen der SPD-Spitze mit ihrem Rückgriff auf reaktionäre
und republikfeindliche militärische und paramilitärischer
Verbände zur Niederschlagung der Räterepublik,
und die sich daran anschließenden von blutiger Vergeltung der Konterrevolutionäre
geprägten Ereignisse begünstigten wenige Jahre später den Aufstieg des Nationalsozialismus. In den 1920er Jahren
wurde Bayern zur „Ordnungszelle“ Deutschlands. Hier begann auch die
politische Karriere Adolf Hitlers, der 1923 in München mit
einigen Anhängern den vorerst noch erfolglosen „Hitlerputsch“
durchführte.
Chronik
1918
- 29.
Oktober - 3. November: Die Meuterei der Besatzung der Kriegsflotte in Wilhelmshaven
und der sich daran anschließende Matrosenaufstand in Kiel lösen
innerhalb weniger Tage reichsweit die Novemberrevolution aus.
- 7./8.
November: Die Revolution erreicht München.
König Ludwig III. wird abgesetzt. Kurt
Eisner (USPD) ruft im Mathäser-Bräu die Republik aus
und verkündet den Freien Volksstaat Bayern. Der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat
wählt ihn zum Ministerpräsidenten Bayerns.
- 9.
November: In Berlin wird zuerst von Philipp Scheidemann eine
(parlamentarische) „deutsche Republik“, kurz darauf von Karl Liebknecht
eine „sozialistische Republik“ für ganz Deutschland ausgerufen, nachdem
die (zu dem Zeitpunkt noch unzutreffende) Abdankung des Kaisers
proklamiert worden war.
- 11.
November: Vertreter der Alliierten und des Deutschen Reiches
unterzeichnen einen Waffenstillstand, der das Ende des 1. Weltkriegs
bedeutet.
- 12.
November: Der König von Bayern entbindet die Beamten vom Treueid auf seine
Person, was de facto seiner Abdankung gleichkommt.
Die Ereignisse in Bayern, vor allem in München:
- 12.
Januar: Wahl zum verfassunggebenden Landtag, die von KPD und Anarchisten
boykottiert wird. Die USPD, die mehrheitlich für eine Räterepublik steht,
unterliegt deutlich der SPD und anderen Parteien, die einen
pluralistischen Parlamentarismus vertreten.
- 16.
Februar: Massendemonstration auf der Theresienwiese,
bei der die Ausrufung einer Rätedemokratie gefordert wird
- 21.
Februar und Folgetage: Eisner wird, kurz vor seiner geplanten
Rücktrittserklärung, auf dem Weg zum Landtag von Anton Graf von Arco auf Valley,
einem völkischen Rechtsextremisten, ermordet. Nach darauf sich
anschließenden Tumulten im Landtag mit Schusswechseln und zwei weiteren
Todesopfern wird die Landtagssitzung vertagt. In der Folge konstituiert
sich ein provisorisch regierender Zentralrat der bayrischen Republik
unter Ernst Niekisch (SPD). Der Generalstreik wird
ausgerufen, und über München der Belagerungszustand verhängt.
- 4. März:
Der Rätekongress lehnt die Bildung einer Koalitionsregierung zwischen SPD,
USPD und dem damals als liberal geltenden Bayrischen Bauernbund sowie die
Einberufung des Landtags und Neuwahlen der Räte zunächst noch ab.
- 17.
März: Johannes Hoffmann (SPD) wird vom
bayrischen Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt. Die
Auseinandersetzungen um die Frage „Räterepublik oder Parlamentarismus“
verschärfen sich.
- 21./22.
März: Die Nachricht der Ausrufung einer sozialistischen Räterepublik in Ungarn unter Béla
Kun gibt der Rätebewegung in Bayern neuen Auftrieb.
- 7. April
bis 13. April: „Erste Münchner Räterepublik“ unter Führung eines von
linken Intellektuellen und Anarchisten dominierten „Zentralrats“. Das
Kabinett Hoffmann flieht aus München nach Bamberg. Die USPD tritt aus der
Koalition aus.
- 13.
April: Ein mit Billigung der Bamberger Regierung angezettelter
Putschversuch von Militärs gegen die Räterepublik wird von Rotgardisten
unter Rudolf Egelhofer (KPD) niedergeschlagen.
Kommunisten setzen darauf den Zentralrat ab und übertragen die Regierung
einem „Vollzugsrat“ unter Eugen
Leviné und Max Levien. Gustav
Landauer und Ernst Toller erkennen den Vollzugsrat an und
beteiligen sich zunächst auch an der „zweiten Räterepublik“.
- 14.
April: Ankündigung des Einsatzes von Freikorpseinheiten
gegen die Räterepublik durch die Regierung Hoffmann.
- 15.
April: Zunächst erfolgreiche Verteidigung der Räterepublik gegen den
Versuch der Freikorps, München einzukesseln.
- 16.
April: Nach Ablehnung seines Kulturprogramms erklärt Gustav Landauer,
resignierend über die Vorstellungen der KPD, seinen Rückzug aus der
Politik für die kommunistische Räterepublik. - Am selben Tag gelingt es
Einheiten der „Roten Armee“ unter dem Kommando Ernst Tollers, die in
Dachau stehenden Freikorpsverbände zu schlagen und sie zunächst zum
Rückzug zu zwingen.
- 17.
April: Reichswehrminister Gustav
Noske beschließt den Einsatz von Reichswehrverbänden
gegen München.
- 27.
April: Nach Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten um Eugen Leviné und
anderen linken Revolutionären um Ernst Toller, unter anderem über die
Frage, ob angesichts der aussichtslos erscheinenden Lage Verhandlungen mit
der Regierung Hoffmann aufgenommen werden sollten, tritt der
Aktionsausschuss unter Leviné zurück und wird als Provisorium unter Toller
neu gewählt. Verhandlungsversuche mit der Bamberger Regierung scheitern
jedoch. Diese fordert die bedingungslose Kapitulation.
- 28.
April: Erneute Wahl eines Aktionsausschusses, dem weder Toller noch
Kommunisten angehören.
- 30.
April: Bei heftigen Kämpfen in den Vororten Münchens kommt es zu grausamen
Massakern
der Freikorps an Angehörigen der „Roten Armee“ der Räterepublik und
unbeteiligten Zivilisten. Rotgardisten töten darauf 10 gefangen gehaltene
Geiseln, vor allem Mitglieder der rechtsextremistischen Thule-Gesellschaft.
- 1. Mai:
Gustav Landauer wird von Freikorps verhaftet und am darauffolgenden Tag im
Gefängnis von München-Stadelheim
misshandelt und ermordet.
- 2./3.
Mai: Reichswehr und Freikorps nehmen München ein und beenden gewaltsam die
Räterepublik.
Nachwirkungen:
- Mai/Juni:
Die meisten führenden Mitglieder der Münchner Räterepublik werden von Standgerichten
nach Hochverratsprozessen
zu langen Haftstrafen (Ernst Toller: 5 Jahre; Erich Mühsam: 15 Jahre) -
oder zum Tode verurteilt (Hinrichtung Eugen Levinés am 5. Juni). Einzig
Max Levien gelingt die Flucht. Über 2000 (auch vermeintliche) Anhänger der
Räterepublik werden erschossen oder zu Haftstrafen verurteilt. Dagegen
wird Graf Arco, der zunächst zum Tode verurteilte Mörder Kurt Eisners, zu
einer Haftstrafe begnadigt und 1924 aus dem Gefängnis entlassen
- 31. Mai:
Neubildung der Koalitionsregierung weiterhin unter dem Ministerpräsidenten
Johannes Hoffmann (SPD) - nun unter Einbeziehung bürgerlich-konservativer
Parteien, auch der BVP.
- 14.
August: Unterzeichnung der Bamberger Verfassung für Bayern, die am
15. September in Kraft tritt.
- 1.
Dezember: Der Kriegszustand über München wird aufgehoben.
Vorgeschichte
Durch
die Versorgungsengpässe und das Massensterben im Ersten Weltkrieg wuchs die
Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung. Weder im Reich noch in Bayern kam es
zu einer schon seit längerem geforderten Demokratisierung.
Im September 1917 hatte die SPD einen entsprechenden Antrag im bayrischen
Landtag gestellt, in dem die wesentlichen Forderungen der bayrischen SPD
enthalten waren, zum Beispiel: Abschaffung der privilegierten ersten Kammer des
Landtags (in der nur der Adel vertreten war), mehr Mitbestimmungsrechte für den
verbleibenden Landtag, ein neues Wahlrecht, sowie die Aufhebung des
Adelsstandes insgesamt. Dieser Antrag war aber unter anderem am Zentrum und den Liberalen
gescheitert.
Bei
den reichsweiten Januarstreiks von 1918 wurden in Bayern, ebenso wie in
vielen anderen Orten des Deutschen Reiches, ein Verständigungsfriede und weiterhin
Demokratisierungen gefordert. Nach der Niederschlagung dieser Streikwelle wurde
Kurt
Eisner aufgrund seiner Beteiligung an ihrer Organisation in München
verhaftet und blieb bis Oktober 1918 inhaftiert.
Zum
Ende des Krieges wurde das deutsche Reich de facto nicht vom Kaiser oder seiner
Regierung, sondern von der Obersten Heeresleitung (OHL) unter Paul von Hindenburg und Erich
Ludendorff in der Art einer Militärdiktatur regiert.
In
weiten Kreisen der bayrischen Bevölkerung wurde die Politik des preußischen Obrigkeitsstaats
als eine der Hauptursachen für den Krieg betrachtet. Dem bayerischen König Ludwig III. wurde vorgeworfen nur ein
Parteigänger des Kaisers zu sein. Dadurch verlor der schon zuvor unbeliebte
König, der sich nach Ansicht der Bevölkerung 1913 zu Unrecht vom Prinzregenten
zum König gemacht hatte, nach dem Eingeständnis der Kriegsniederlage durch die
Oberste Heeresleitung (OHL) die letzte Autorität und Loyalität in Bayern.
Die
OHL hatte erst Ende September 1918 die deutsche Niederlage im Weltkrieg
offiziell eingestanden, obwohl sie die Lage schon im August als aussichtslos
eingestuft hatte. Ende Oktober sollte die Hochseeflotte trotzdem noch zu einer
aussichtslosen Entscheidungsschlacht auslaufen. Die Matrosen weigerten sich,
sich so kurz vor dem ersehnten Kriegsende auf eine Selbstmordmission zu
begeben.
Am
29. Oktober meuterte im norddeutschen Wilhelmshaven
die Besatzung der Kriegsflotte und wenig später kam es in Kiel zum offenen Aufstand
der Matrosen, die die Stadt bis zum 3. November in ihre Gewalt brachten.
Während des Aufstands wurden Soldaten- und Arbeiterräte gebildet. Der Erfolg
der Matrosen breitete sich in kurzer Zeit in ganz Deutschland aus und führte
zur Novemberrevolution.
In
Bayern kam es noch zu einem letzten Versuch, die Monarchie mit einer
Verfassungsreform zu retten. Regierung und Parlament einigten sich am 2.
November 1918 auf ein Abkommen zur Einführung des Verhältniswahlrechts, eine Reform der ersten
Kammer des Landtags und die Überprüfung von Standesvorrechten. Am 7. November wurde die Regierung
umgebildet und erstmals Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten daran beteiligt.
Das Abkommen zur Parlamentarisierung wurde am 6. November von der 2. Kammer
gebilligt und sollte am 8. November von der 1. Kammer verabschiedet werden.
Aber diese Reformen kamen zu spät. Sie wurden durch die sich überstürzenden
Ereignisse der Revolution überrollt.
Die verschiedenen Interessengruppen
Die
drei bestimmenden politischen Parteien der Revolution, sowohl im Reich als auch
in Bayern, waren die MSPD
(oder SPD), die USPD
und der Spartakusbund, bzw. ab Anfang 1919 die KPD. Speziell in Bayern
spielten außerdem der Bayerische Bauernbund und, relativ
unabhängig von der Parteienlandschaft, eine Fraktion linksintellektueller,
teilweise anarchistischer Schriftsteller und anderer Kulturschaffender, die
eher antiautoritäre und undogmatische Vorstellungen von Sozialismus
vertraten, eine wichtige Rolle.
- Die
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD, damals auch unter dem Kürzel
MSPD für Mehrheits-SPD firmierend) war eher gemäßigt; reichsweit hatte sie
eine parlamentarische Demokratie zum
Ziel. Sie wollte keine Revolution, sondern Reformen. Im Rahmen der Burgfriedenspolitik hatte sie den Krieg
unterstützt. An der Revolutionsregierung beteiligte sich die SPD vor allem
mit der Absicht, die Kontrolle zu behalten und die Revolution in
parlamentarische Bahnen zu lenken. Erhard
Auer und Johannes Hoffmann waren zu dieser Zeit
die führenden Köpfe der bayrischen SPD. Spätestens ab Mitte März 1919, als
Hoffmann vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt geworden war, wandte
sich die Parteiführung zunehmend offen von der nach links abdriftenden
Revolution in München und einigen anderen Städten Bayerns ab. Die
SPD-Basis in München, aus der viele in den Räten organisiert waren,
reagierte gespalten auf diese Entwicklung. Die von Hoffmann angeführte
Regierung musste darauf nach Bamberg ausweichen und bekämpfte von dort aus
die Räterepublik mit bewusst gewähltem Einsatz republikfeindlicher
paramilitärischer Freikorps. Zu deren Verstärkung bat Hoffmann seinen
Parteigenossen in Berlin, den Reichswehrminister Gustav
Noske, um Unterstützung durch Reichswehrtruppen zur Niederschlagung
der Räteherrschaft in München.
- Die Unabhängige
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), in Bayern unter dem Vorsitz
Kurt
Eisners, - nach seiner Ermordung Ernst
Tollers -war die wesentliche Urheberpartei des Umsturzes in München
und befürwortete größtenteils, zumindest für eine Übergangsphase, das
Rätesystem. Reichsweit hatte sich die USPD 1917 von der damaligen SPD aus
Protest gegen die kriegsbilligende Haltung der Mutterpartei abgespalten
und die Beendigung des Krieges gefordert. Als Pazifist und Organisator des
Münchner Munitionsarbeiterstreiks im Rahmen der deutschlandweiten
Streikwelle im Januar 1918 war Kurt Eisner von Februar bis Oktober 1918
inhaftiert gewesen. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis setzte er
sich an führender Stelle für die Revolution in Bayern ein und wurde zum
ersten Ministerpräsidenten der bayrischen Republik. Allerdings betrachtete
ein Großteil der linken Wähler nach dem Krieg die Spaltung der
Sozialdemokratie in MSPD
und USPD für überholt, und
die praktische Politik Eisners als zu unklar, wechselhaft und schwankend.
Sie wählten bei der Wahl für den verfassunggebenden Landtag mehrheitlich
wieder die SPD (MSPD), sofern sie nicht dem Aufruf zum Wahlboykott der KPD und der Anarchisten gefolgt
waren. Die USPD kam dabei
nur auf 2,5 Prozent der Stimmen.
- Die Kommunistische Partei
Deutschlands (KPD) wurde erst im Verlauf der Revolution um den
Jahreswechsel 1918/19 reichsweit aus dem linken Flügel der USPD, dem Spartakusbund,
und anderen linksrevolutionären Gruppierungen in Berlin gegründet. Sie
kämpfte für das Rätesystem, die Sozialisierung
von Betrieben und war internationalistisch orientiert. Seit der Oktoberrevolution 1917 in Russland und
den Umbrüchen in den anderen Staaten Europas am Ende des 1. Weltkriegs
schien für sie die Weltrevolution begonnen zu haben. Eines der
Gründungsmitglieder der KPD war Eugen
Leviné. Geboren 1886
in Russland, im Alter von 3 Jahren mit seiner
Mutter nach Deutschland immigriert, war er sowohl in seiner ursprünglichen
als auch seiner neuen Heimat seit Beginn des 20. Jahrhunderts an
linksrevolutionären Entwicklungen beteiligt. Leviné wurde von der Berliner
KPD-Zentrale als Redakteur der Parteizeitung Die
Rote Fahne nach München entsandt, um den kommunistischen Einfluss
auf die Räterepublik voranzutreiben. Die Wahl zum verfassunggebenden Landtag
wurde von der KPD
boykottiert. Nachdem sich die Kommunisten unter Levinés Führung an die
Spitze der Räterepublik gesetzt hatten, nahm er Kontakt zu Lenin in Moskau
auf, um sich der Unterstützung durch die russischen Bolschewiki,
die seit der Oktoberrevolution von 1917 den ersten kommunistisch regierten
Staat der Welt anführten, zu versichern.
- Der Bayerische Bauernbund war zu jener Zeit
eine mehrheitlich liberale und antiklerikale Partei, deren Mitglieder in
einigen Räten vertreten waren. Die Partei erreichte bei der Wahl am 12.
Januar 1919 neun Prozent der Stimmen und war auch in der Regierung
Hoffmann vertreten. Einer ihrer revolutionären Protagonisten und
Befürworter des Rätesystems war Ludwig Gandorfer. Nach Niederschlagung der
Räterepublik schlug die Partei zunehmend eine konservative Richtung ein.
Weitere Vereinigungen
waren der Allgemeine Studentenausschuss, der Rat der bildenden
Künstler Münchens und der Aktionsausschuss revolutionärer Künstler.
Unter den
Künstlern gab es jedoch auch bekannte Gegner der Revolution, beispielsweise Thomas Mann,
aber auch er sah die Revolution als durch den fehlenden Widerstand legitimiert
an.
Die erste
offiziell ausgerufene Räterepublik vom 7. April bis 13. April
1919 war von Literaten wie dem Pazifisten Ernst
Toller (USPD), oder den parteilosen Anarchisten
Gustav
Landauer und Erich Mühsam geprägt. Auch der Finanztheoretiker und
Begründer der Freiwirtschaftslehre Silvio
Gesell, dem Ernst
Niekisch zuvor einen Sitz in der Sozialisierungskommission angeboten hatte,
wurde als Finanzminister Mitglied in der Regierung der ersten
Räterepublik, dem sogenannten „Zentralrat“. Toller und Landauer beteiligten
sich auch nach der Führungsübernahme durch die KPD, die die erste Räterepublik
als Scheinräterepublik bezeichnet hatte, an der kommunistisch
dominierten zweiten Räterepublik. Allerdings trat Landauer, enttäuscht von der
Haltung und Politik der KPD-Führung, schon drei Tage nach der kommunistischen
Revolution von seinen politischen Funktionen und Ämtern zurück.
Abgesehen
von der SPD-Führung traten neben schon bestehenden konservativen und
republikfeindlichen Parteien einige erst während der Revolution gegründete
konservative und rechtsextreme Gruppierungen als strikte Gegner der linken
Revolutionäre auf, die jedoch als politische Parteien bis zur Niederschlagung
der Räterepublik nur eine marginale Rolle inne hatten.
- Am 12.
November 1918 wurde die Bayerische Volkspartei (BVP) gegründet.
Sie war ein Ableger der reichsweit organisierten Zentrumspartei
und schürte im Wahlkampf die Furcht vor „den Bolschewisten“. Aus der Wahl
zum verfassunggebenden Landtag am 12. Januar 1919 ging die vor allem
von der ländlichen Bevölkerung gewählte BVP
mit 35 % zwar vor der SPD (33 %) als stärkste Fraktion hervor, war jedoch
noch nicht durchsetzungsfähig genug, um in die erste - parlamentarische -
Koalitionsregierung (zwischen SPD,
USPD und Bayerischem
Bauernbund) zu gelangen. Die revolutionäre Situation ließ dies in den
ersten Monaten des Jahres 1919 auch nicht sinnvoll erscheinen. Erst nach
der Niederschlagung der Räterepublik wurde sie an der Regierung beteiligt.
Später, 1921/22 und von 1924 bis 1933 stellte sie den bayerischen
Ministerpräsidenten.
Die BVP als Schwesterpartei des Zentrums will andeuten, dass die
bayerische Revoutionsregierung unter Kurt Eisner (USPD) zu ähnlichem
Radikalismus neigt.
Ebenfalls während der Revolution, am 5. Januar 1919, wurde
mit der Deutschen Arbeiterpartei eine
völkisch-rechtsextreme und antisemitische Partei gegründet, die aber zunächst
relativ bedeutungslos blieb. 1920 wurde sie in NSDAP umbenannt und
gewann später eine zunehmend verhängnisvolle Bedeutung in der deutschen
Geschichte.
Text nach www.wikipedia.de ; Bebilderung von : Christian Heidinger
Verwendete Literatur:
Bernhard Grau, Kurt Eisner : 1867-1919. Eine Biografie . München 2001.
Oskar Maria Graf, Wir sind Gefangene . München 2002
Hans Beyer, Die Revolution in Bayern 1918/19 . 1988
Deutscher Bundestag. Wissenschaftliche Dokumentation (Hrsg.),
Abgeordnete des deutschen Bundestages. Aufzeichnungen und Erinnerungen,
Band 1, S. 15-79: Josef Felder; Mein Weg: Buchdrucker - Journalist -
SPD-Politiker; Bonn 1982 ;
Josef Felder, Warum ich Nein sagte. Erinnerungen an ein langes Leben für die Politik; Reinbek 2002
Weblinks:
LEMO - Deutsches Historisches Museum: Die Münchner Räterepublik
http://www.fes.de
http://www.wikipedia.de
http://www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_III/ Geschichte/ Bayern.html