Weimarer Republik
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10. Die Panzerkreuzeraffäre
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

11. Der Preußenschlag
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

12. Reichstagswahlen vom 31.7.1932
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

13. Die NSDAP
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

14. Die Auflösung der Weimarer Republik
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

15. Felder im Reichstag 1932/33
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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10. Panzerkreuzeraffäre

Mit der Parole "Kinderspeisung statt Panzerkreuzer" kritisierte die oppositionelle SPD im Wahlkampf 1928 die Entscheidung der bürgerlichen Reichstagsmehrheit, Zuschüsse zu Schulkinderspeisungen zu streichen, dem Bau des kostspieligen Panzerkreuzers A hingegen zuzustimmen. Das Schiff, dessen vorgegebene militärische Bedeutung für den Küstenschutz in der Ostsee mehr als fraglich erschien, galt als Prestigeobjekt der Marine. Sie wollte durch die neue Bauweise des Kreuzers das im Versailler Vertrag festgelegte Verbot deutscher Großkampfschiffe umgehen.


Die sozialdemokratische Basis reagierte entrüstet, als das nach der Reichstagswahl 1928 neu gebildete Kabinett unter dem sozialdemokratischen Reichs-kanzler Hermann Müller einmütig dem Bau des Panzerkreuzers zustimmte, um damit eine Regierungskrise innerhalb der Großen Koalition zu vermeiden.


Den innerparteilichen Konflikt in der SPD versuchte die KPD auszunutzen, indem sie im August 1928 ein - letztlich gescheitertes - Volksbegehren für einen Volksentscheid einleitete, um den Bau von Panzerkreuzern gesetzlich verbieten zu lassen. Unter dem Druck der Parteibasis stellte die Reichstagsfraktion der SPD schließlich im November 1928 den Antrag, den Bau des Panzerkreuzers A einzustellen.


hier
Demonstration gegen den Panzerkreuzerbau

Vollbild (42 kb)


Die unter Fraktionszwang stehenden sozialdemokratischen Regierungsmitglieder mussten paradoxerweise gegen den eigenen Kabinettsbeschluss für den Antrag stimmen, der aber von der Reichstagsmehrheit abgelehnt wurde. Eine Ausweitung der Regierungskrise konnte dadurch vermieden werden. Das öffentliche Echo auf die "Selbstdemütigung" der regierenden SPD war hingegen verheerend: Von vielen Seiten wurde ihr Heuchelei und fehlende Glaubwürdigkeit vorgeworfen.


hier
Panzerkreuzer SMS Hindenburg

Vollbild (42 kb)


Josef Felders Haltung in der Panzerkreuzeraffäre

Den Wahlkampf 1928 hatte die SPD mit Josef Felder in Schwaben mit einer sehr wirksamen Parole geführt: „Panzerkreuzer oder Kinderspeisung“. Im Haushaltsplan der abgetretenen Regierung Marx waren mehrere Millionen, die der Schulkinderspeisung dienten, gestrichen worden. Stattdessen hatte die Regierung neun Millionen Mark als erste Rate für den Bau eines Panzerkreuzers verplant. Dagegen richtete sich der heftige Protest der SPD, was auf breite Zustimmung bei den Wählern traf. Die Wahl fiel für die SPD sehr gut aus und brachte den SPD-Politiker Hermann Müller an die Regierung.


Als Hermann Müller aber dann das Panzerkreuzerprojekt in seinem Etat beließ, entfachte das große Empörung in verschiedenen Parteibezirken und Ortsvereinen, besonders in Augsburg und Schwaben, wo Josef Felder tätig war. Der Grund dafür lag darin, dass Augsburg eine Stadt mit vielen Arbeitern war, die für die Kinderspeisung und gegen den Panzerkreuzer eintraten. Deshalb wurde, mit Zustimmung der schwäbischen Landtagsabgeordneten, eine Massenkundgebung in Augsburg einberufen, auf welcher der Reichstagsabgeordnete Georg Simon die Ablehnung der Ratenzuweisung für das Kriegsschiff forderte. Dies stand im Gegensatz zu der Haltung des bayrischen Landesvorstands unter Erhard Auer und glich, laut Josef Felder, einer Art Basis-Revolte. Die Eintracht der SPD im Wahlkreis Oberbayern-Schwaben war daraufhin für einige Zeit gestört.

Ablehnung des Panzerkreuzer in Augburg

Erhard Auer schickte daraufhin den Münchner Abgeordneten Hans Unterleitner zu Versammlungen nach Schwaben, um für den Panzerkreuzer Verständnis in der Bevölkerung und in der SPD zu wecken. Josef Felder veröffentlichte in der Schwäbischen Volkszeitung, wo er als Chefradakteur tätig war, die lokalen Berichte über Unterleitners Referate in Schwaben ungekürzt, fügte aber hinzu, dass man in Augsburg und Schwaben ganz anders über diese Frage denke. Dies führte zu einer, wie es Josef Felder beschrieb, stürmischen Sitzung im Bezirksvorstand Oberbayern-Schwaben und zu der Äußerung Erhard Auers über Josef Felder: „Wenn dieser junge Mann in Augburg sich weiter so verhält, dann muss er weg!“

Diskussion auf dem SPD-Parteitag in Magdeburg

Beim SPD-Parteitag in Magdeburg, bei dem es um die Richtlinien für ein Wehrprogramm der SPD ging, war Josef Felder Mitglied der neunköpfigen Delegation des 24. Wahlkreises Oberbayern-Schwaben. Sie wurde angeführt von Erhard Auer, dem Landessekretär Georg Keil und dem Münchner Parteichef Thomas Wimmer.


Bei der Auseinandersetzung über die Regierungspolitik Hermann Müllers bekam der Delegierte Dr. Eckstein aus Breslau starken Beifall mit folgenden Sätzen:


„Unter Führung des Parteivorsitzenden Müller haben wir 1928 das Wahlversprechen gegeben, den Panzerkreuzer nicht zu bauen. Unter dem Kanzler Müller wird er gebaut. Unter dem Parteivorsitzenden Müller haben wir das Wahlversprechen der Kinderspeisung gegeben, unter dem Kanzler Müller werden die Mittel dazu gestrichen. Unter der Führung des Parteivorsitzenden Müller haben wir das Wahlversprechen gegeben, den Reichswehr-Etat auf 500 Millionen zu senken, unter dem Kanzler Müller wird dieses Versprechen ebenso wie das der Demokratisierung der Reichswehr nicht eingelöst.“


Dr. Eckstein wurde erwidert, dass es sich um eine Regierungskoalition der SPD mit bürgerlichen Parteien handle und die SPD nicht in der Mehrheit sei. Diese Position fand ebenfalls großen Anklang bei den Anwesenden. Die SPD war gespalten.

Rede Dr. Kurt Schumachers zum Panzerkreuzer

Im Verlauf der Debatte ergriff auch der Stuttgarter Parteiredakteur Dr. Kurt Schumacher das Wort. Er sagte wörtlich: „Der Vater des Wehrprogramms ist der Panzerkreuzer A. Die Erleichterung für kommende Entscheidungen, die manche von diesen Richtlinien erwarten, werden nicht eintreten. Ich glaube, dass die Grundsätze des Parteiprogramms zur praktischen Politik genügen, und meine, dass die Fahne, unter der die Arbeiter der sozialdemokratischen Politik folgen werden, die Fahne der Kriegsverhinderung mit allen Mitteln ist.“ Für diese Rede erhielt auch Dr. Kurt Schumacher großen Beifall.

Die Haltung Carl Severings und Julius Lebers

Carl Severing vertrat vehement die Ansicht, dass die Partei die Zusammenarbeit mit der Reichswehr benötige, wenn sie reale Macht erlangen und auch behalten wolle. Zudem erwähnte er, dass die SPD nur in Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Reichswehrminister Wilhelm Groener die „Republikanisierung der Reichswehr“ beginnen könne. Julius Leber nannte die Spannung zwischen Reichswehr und Arbeiterschaft einen gewaltigen Passivposten der Republik, welcher auch auf das Konto der SPD gehe. Emphatisch rief Julius Leber aus: „Denken Sie darüber nach und ziehen Sie daraus die Konsequenzen. Ist an der Spannung die Reichswehr alleine schuld? Derjenige, der diese Frage mit einem glatten Ja beantwortet, muss ein ziemlich hartes Gewissen haben.“

Entscheidung und Haltung Josef Felders

Josef Felder war außerordentlich beeindruckt von dieser Debatte, doch neigte er nach Abwägung aller Argumente schließlich der Haltung Dr. Kurt Schumachers zu. Dies mündete später in eine politische Freundschaft. Die Wehrrichtlinien der SPD wurden letztendlich mit 242 zu 147 Stimmen angenommen, gegen den Willen Josef Felders. Von den 9 Delegierten seiner Delegation stimmten 6, darunter Erhard Auer und Thomas Wimmer mit Ja und 3 mit Nein, darunter Josef Felder. Die Nein-Stimmen erregten das Missfallen Erhard Auers, der in seiner autoritären Art eine widersprüchliche Haltung nur schwer ertragen konnte.


Literatur:
Josef Felder, Warum ich Nein sagte, Reinbek 2002
Josef Felder, Mein Weg: Buchdrucker - Journalist - SPD-Politiker, in: Deutscher Bundestag, Abteilung Wissenschaftliche Dokumentation, Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Aufzeichnungen und Erinnerungen; Boppard 1982, S. 15-79

Quellen:
http://www.dhm.de
http://www.deutsche-schutzgebiete.de/sms_hindenburg.htm

Verfasser:
Christian Heidinger, Christoph Jung

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