Als
die OHL
Anfang Oktober 1918 infolge der trostlosen militärischen Entwicklung - seit 14. September
hatte Österreich Friedensverhandlungen aufgenommen, am 29. September hatte
Bulgarien kapituliert, am 31. Oktober hatten die Türken die Waffen niedergelegt
- auf den Abschluss eines Waffenstillstands und
in diesem Zusammenhang auf eine Parlamentarisierung des Reiches drängte, um
bessere Friedensbedingungen zu erlangen, unterstützte die MSPD den neuen
Reichskanzler Prinz Max von Baden beim
Demokratisierungsprozess und stellte zum ersten Mal zwei Staatssekretäre: Philipp
Scheidemann und Gustav Bauer.
Die Oberste Heeresleitung: Paul von Hindeburg, Wilhelm II. und Erich Ludendorff, 1918
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Am
4. Oktober ging unter dem Druck der OHL das
deutsche Gesuch
um Waffenstillstand an die Alliierten hinaus. Es war mit der Hoffnung
verbunden, auf der Basis der Wilson’schen 14 Punkte
abschließen zu können. Am 23. Oktober ließ der amerikanische Staatssekretär Lansing die deutsche Regierung wissen, dass der Waffenstillstand
den Alliierten die Möglichkeit geben müsse, die Durchführung jeder im Frieden
zu treffenden Vereinbarung zu erzwingen. So wurde das Gesuch um
Waffenstillstand mit der Forderung nach der militärischen Selbstaufgabe
beantwortet. Deutschland hatte die Stunde für das Angebot eines Friedens ohne Annexionen
verpasst und statt dessen eine überstürzte Bitte um Waffenstillstand
ausgesprochen, die dem Eingeständnis gleichkam, dass es militärisch am Ende
war.
Zur
gleichen Zeit beschloss der Reichstag durch verfassungsänderndes
Gesetz vom 28. Oktober den Übergang zum parlamentarischen Regierungssystem.
Die wichtigste Neuerung dieser sogenannten Oktoberverfassung
bestand darin, dass als Zusatz zum Artikel 15 der Reichsverfassung
von 1871 der Reichskanzler zu seiner Amtsführung an das Vertrauen
des Reichstages gebunden wurde. Die Verfassungsreformen
setzten der Bismarckschen Reichsverfassung formell ein Ende. Der
Reichskanzler bedurfte nun des Vertrauens des Reichstages, die Außenpolitik,
das Heer und die Marine – bisher Reservate des Kaisers, unterlagen von nun an
der Kontrolle durch das Parlament.
Prinz Max von Baden
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Die
Verfassungsreformen
vom Oktober 1918 erfüllten die alte sozialdemokratische Forderung nach Demokratisierung des
Staates, aber sie kamen um viele Jahre zu spät, um noch in das Bewusstsein des
Volkes zu dringen und dieses für den Staat zurückzugewinnen.
Text: Tobias Eder
Literatur und Internetressourcen:
www.SPD.de Geschichte
www.dhm.de/lemo (Innenpolitik im Kaiserreich)
Volker Berghahn, Das Kaiserreich 1871-1914. Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat. Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10. Auflage, Band 16; Stuttgart 2003; S. 305-332;
Michael Stürmer, Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918; Berlin 1994
K.D. Erdmann, Die Zeit der Weltkriege, Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 9. Auflage, Stuttgart 1973
Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917-1933; Berlin 1982
Walter Tormin (Hrsg.), Die Weimarer Republik; Hannover 1973
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